In der Diskussion über Behangplanung, Regaloptimierung und Spacemanagement tauchen immer wieder Argumentationen auf, die eher den Charakter von Mythen haben. Wir wollen hier diese Aussagen überprüfen und dazu beitragen, Mythen zu entlarven und durch Fakten zu ersetzen.
Mythos 1: Artikeldaten fallen vom Himmel
Oft zu hören ist die Vorstellung, die Stammdaten von Artikeln, ihre Abmessungen und bildlichen Darstellungen seien problemlos und zeitnah von Marktforschungsinstituten und Agenturen zu beziehen, idealerweise sogar kostenlos.
Die Daten von Produkten sind jedoch ein wertvolles Gut. Sie unterliegen häufigen Änderungen. Neue Artikel korrekt zu erfassen und zu messen sowie geeignet zu fotografieren ist aufwendig und teuer. Wenn Marktforscher, Agenturen und Datenpools diese Daten erfassen, dann mindestens mit einem erheblichen Zeitverzug, und wenn sie die Daten zur Verfügung stellen, dann nur gegen eine angemessene Vergütung.
Als Hersteller haben Sie den allerersten Zugriff auf neue Produkte: Sie wissen, was Sie für die Zukunft planen, bestimmen das Verpackungsdesign und die Produktmaße und haben die Entwürfe als erste im Hause. Übernehmen Sie die Produkdaten aus Ihren eigenen Datenbeständen! Pflegen Sie neue Artikel selbst nach!
Als Einrichtungsdienstleister können Sie Produktdaten aus bestehenden Datensammlungen oder Stammdatenpools übernehmen. Für die Nutzung dieser Daten fallen Gebühren an. Die Stammdatenpools werden aus Datenerhebungen der Hersteller gespeist, neue Artikel werden zeitverzögert dort auftauchen.
Als Handelsunternehmen nutzen Sie Stammdatenpools oder fragen die Stammdaten direkt bei Ihren Lieferanten ab. Dafür sollte ein sauberer Datenübertragungsweg definert werden.
Mythos 2: Spacemanagement ist das Einsetzen von Artikeln in einem Regal
Die primäre Motivation im Spacemanagement ist: Sie wollen am Computer ein virtuelles Bild Ihrer Regalplanung erzeugen, ohne das Regal im Musterraum aufbauen und fotografieren zu müssen. Eine gute Idee! Also setzen Sie eine Software ein, um ein Regal aufzubauen und Produkte darin zu positionieren.
Aber letztlich wollen Sie doch das bestmögliche Regal planen, mit dem Sie (und Ihr Handelspartner) Geld verdienen und gegenüber dem Konsumenten Warengruppenkompetenz und Lieferkompetenz dokumentieren. Da ist das Einfügen von Produkten ins Regal nur der erste Schritt.
Was Sie wirklich benötigen, ist nicht nur eine virtuelle Regalabbildung, sondern eine qualifizierte Begründung, warum dieser Artikel ausgewählt wurde, warum er dort steht, warum jene Artikel seine Nachbarschaft bilden und warum der Artikel in genau dieser Menge im Regal stehen soll.
Spacemanagement endet also nicht mit dem Setzen des Artikels. Es beginnt erst mit der Begründung und Nachvollziehbarkeit einer Behangplanung nach Auswahl, Raumnutzung, Position und Menge. Zusätzlich kann sich eine Betrachtung im Zeitverlauf zur permanenten Optimierung und Anpassung anschließen.
Mythos 3: Artikelnummer, Breite, Höhe und Tiefe reichen aus
Wenn man Artikel in einen Behangplan einsetzen will, um ein Regalbild zu erzeugen, dann reichen doch die Artikelnummer und die äußeren Abmessungen?
Richtig ist: Die Artikelnummer benötigt man als Identifikation, die äußeren Abmessungen sind für den Platzbedarf des Artikels im Regal erforderlich. Aber dahinter steckt noch mehr:
Möchten Sie einen Report mit einer Auflistung aller Artikel erzeugen? Dann benötigen Sie die Artikelbezeichnung. Auch die EAN-Nummer wird gerne in Listen und Tabellen ausgeworfen, ebenso Warengruppenbezeichner, Markenname und Auszeichnungstexte.
Möchten Sie hängende Produkte auf Haken korrekt auf einem Lochraster positionieren? Der Behangplan soll ja in der Realität auch zuverlässig umsetzbar sein. Aber wo ist der Positionierungspunkt, das Aufhängeloch? Oftmals ist es in der Mitte; wenn nicht, müssen die Werte zusätzlich angegeben werden.
Sie möchten mit der Software Ihre Regalpläne auf Warengruppen, Sortimente und Listungen beziehen? Schnelldrehende Produkte bevorzugt einsetzen? Aus den Regalplan-Daten Preislisten und Artikelpässe generieren? Aussagen zu Warenwert, Ertragsplanung, Bestandsdeckung und Kapitalbindung gewinnen?
Diese Aussagen basieren auf erweiterten Produktdaten: Je mehr Wissen über Ihre Produkte Sie dem Spacemanagement-System zur Verfügung stellen, desto besser kann es Sie in der Regalplanung und der Argumentation unterstützen. Sonst verschenken Sie die wertvollsten Erkenntnisse.
Mythos 4: Regal-Sonderbauteile sind nur dreidimensionale Gebilde
Wenn Ihre Regale nicht nur aus Standard-Warenträgern bestehen, sondern spezielle Displays, Halter und Verkaufshilfen zum Einsatz kommen, sollten diese in die Spacemanagement-Software auch einbindbar sein. Das ist doch nicht so schwierig: Schließlich handelt es sich nur um dreidimensionale Gebilde, und die 3D-CAD-Daten liegen vor – das kann man doch sicher einfach übernehmen?
Richtig ist: Regal-Sonderbauteile sind dreidimensionale Gebilde. Man kann ihre Geometrie tatsächlich aus CAD- und 3D-Programmen übernehmen.
Richtig ist aber auch: Regal-Sonderbauteile benötigen weitere Daten zu ihrem Verhalten beim Einsetzen und Ausrichten von Produkten: Wo in dem 3D-Objekt kann Ware positioniert werden? Wie groß ist der Merchandisingraum? Wie werden die Produkte angeordnet und ausgerichtet? Welche Mengenvorgaben und Beschränkungen sind anzuwenden? In welcher Richtung soll befüllt werden?
Zusätzlich zu den reinen Geometriedaten sind für einen sinnvollen Einsatz eigener Displays und Verkaufshilfen also weitere Attribute und Eigenschaften für die Warenträger zu hinterlegen. Ohne diese Angaben ist ein 3D-Objekt nur ein merkwürdig geformtes Ding, das nicht in den Regalplanungsmechanismus der Software eingebunden ist. Das ist nicht hilfreich.
Mythos 5: Alle Spacemanagement-Programme sind im Grunde gleich
Häufig zu hören: Die am Markt verfügbaren Spacemanagement-Programme machen im Grunde alle das Gleiche, sie sind jederzeit gegeneinander austauschbar.
Richtig ist: Die Grundfunktionalitäten wie Verwaltung von Produktdaten und Positionieren von Produkten sollten alle Programme beherrschen. Jedoch hat sich gezeigt: Alle Programme haben ihre eigenen Schwerpunkte, sie eignen sich für bestimmte Anwendungsfälle jeweils besser oder nicht so gut. Sie berücksichtigen möglicherweise konkrete Branchengegebenheiten, spezielle Präsentationsformen oder Datenmodelle.
Letztlich ist jede Software in der Anwendbarkeit für den eigenen Einsatzfall genau zu prüfen: hinsichtlich der grundsätzlichen Ausrichtung, der Tiefe der Funktionalität, der Breite des Datenmodells, der Erweiterbarkeit und der Einbettung in die eigene Umgebung mit Betriebssystem und Geschäftsprozessen.
Fazit
Spacemanagement ist ein spannendes Thema mit erheblichem Optimierungspotenzial bei der Planung und Gestaltung des Point-of-Sale. Eine Spacemanagement-Software kann aber nur so gut sein wie die Daten, die man ihr zur Verfügung stellt. Die Beschaffung und Pflege von Daten ist dementsprechend wichtig, sie werden einem aber nicht geschenkt. Auch hier gilt: There is no such thing as a free lunch.
Es lohnt sich, genau hinzuschauen, phantastischen Ideen nicht unbesehen zu glauben und Mythen und Legenden zu hinterfragen. Spacemanagement basiert auf Fakten – und produziert dann auch Fakten.