Weil Marktfläche und Regalraum knapp und teuer ist, der Point-of-Sale im stationären Fach- und Einzelhandel aber der entscheidende Ort für die Generierung von Umsätzen ist, will eine Regalbelegung sehr gut geplant und begründet sein und regelmäßig überarbeitet werden. Ein Spacemanagement-System stellt die notwendigen Funktionen und Bewertungsmodelle für eine praxisgerechte Regalplanung und eine argumentationsstarke Regalbewertung zur Verfügung.
Spacemanagement führt die optische Anmutung des Point-of-Sale mit den Hard Facts betriebswirtschaftlicher Kennzahlen zusammen. Über die reine Positionierung von Produkten hinaus entstehen Synergieeffekte, die mit einem Reporting in der Warenwirtschaft oder Virtual Reality-Darstellungen alleine nicht erreichbar wären.
Ein Spacemanagement-System ist im Kontext des Trade Marketing
- Planungshilfe
- Optimierungswerkzeug
- Argumentationsgrundlage
in der internen und externen Kommunikation.
Die raumbezogene Planung eines Regals erfolgt in Form eines Planogramms. Ein Planogramm enthält alle Daten einer Planung für einen Point-of-Sale im Sinne eines Einzelregals, einer Regalwand, eines Displays oder eines Shops. Es definiert sowohl die Datensätze der Plazierung als auch die 2D- und 3D-Darstellung des Regals.
Das Spacemanagement gliedert sich in die Teilschritte Regal-Planung, Regal-Überarbeitung, Regal-Analyse und Optimierung sowie Bereitstellung der Planogramme.
Ziele und Vorgehensweisen
Eine Spacemanagement-Strategie verfolgt die Ziele
- Auswahl und Präsentation eines geeigneten Sortiments
- Berücksichtigung von Kundennachfrage und Kundenerwartung
- Return-on-Investment, Umsatz- und Ertragsziele
- Optimierung der Bestandsmengen
- Reduzierung der Handhabungskosten
Diese Ziele stehen teilweise in Konkurrenz zueinander und können nicht alle gleich gut erfüllt werden. Die Aufgabe des Spacemanagements ist es, eine ausgewogene Gesamtlösung herbeizuführen. Die Spacemanagement-Strategie kann sowohl für Ersteinrichtungen als auch für Soll-Ist-Optimierungen im Rahmen von Regal-Ist-Aufnahmen und POS-Relaunches angewendet werden.
Regal-Planung
Der prinzipielle Ablauf einer Regal-Planung vollzieht sich in folgenden Schritten:
- Aufbau eines Regalgerüsts aus Bauteilen
- Auswahl von Artikeln aus einem Produkt-Datenbestand
- Positionieren und Anordnen von Artikeln auf Warenträgern im Regal: einzelne Artikel oder Gruppen von Artikeln, manuelle oder regelbasierte Artikelauswahl, automatische oder manuelle Komposition der Artikel auf einem Ziel-Warenträger
- Eigenschaften des Warenträgers definieren Positionsfolgen, Ausrichtungen und Ankerpunkte
- Anpassen und Verändern von Produktzusammenstellung
Regal-Überarbeitung
Ein bestehendes Planogramm wird überarbeitet für die Szenarien
- Änderungen an Sortiment und Listung, Einführung neuer Artikel, Auslaufen älterer Artikel
- saisonale Änderungen und andere Anpassungen an das Konsumentenverhalten und Kundenerwartungen
- Preisanpassungen und Anpassungen an Umsatz- und Ertragserwartungen
- Vergrößerung und Verkleinerung des verfügbaren Regalraums
Regal-Analyse und Optimierung
Planogramme und Regale werden im Rahmen einer Spacemanagement-Strategie hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Kennzahlen ausgewertet und überarbeitet, mit dem Ziel der Umsatz- und Ertragssteigerung und einer verbesserten Bestandsführung
- unter Berücksichtigung von Preisen und Konditionen
- unter Einbeziehung von Abverkauf, Umsatz und Ertrag zurückliegender Perioden und zukünftiger Erwartungen
- unter Beachtung von Regalzonen
- unter Vergleich von Ist- und Soll-Zustand
Bereitstellung
Die Planogramming-Daten werden den Folgenutzern bereitgestellt durch
- Reporting: Listen, Tabellen, Grafiken
- Exports, Bereitstellung und Weitergabe
- Online-Bereitstellung
Daten und Datenquellen
Die wichtigsten Daten auf Input-Seite sind die Produktdaten: Produkte sind die Kernelemente der POS-Planung. Auch die Daten über die Regalbauteile und Warenträger gehören zum Input.
Die Planogramm-Grafik, Listen und Reports, Analysen und Kennzahlen sind die wesentlichen Daten auf der Output-Seite. Daten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Planogrammen kommen in Form von HTML-Webseiten, Tabellenkalkulationsblättern und PDF-Reports hinzu.
Produkt-Daten
Die Produkt-Daten umfassen zunächst die Artikel-Stammdaten: Artikelnummer als Schlüssel, Artikelbezeichnung und die Maße der Produkteinheiten, nach Bedarf ergänzt durch Kategorisierungsdaten wie Warengruppe, Preisgruppe, Produktfamilie, Sortimentszugehörigkeit und Hersteller.
Logistische Produktdaten beschreiben Minima und Maxima, Grifflücken, Stapel- und Schachtelungsmaße der Artikel sowie Verpackungseinheiten, Umverpackungsstufen und Sollzahlen, weiterhin Zielorte und Restriktionen.
Artikel-Leistungsdaten sind Abverkaufszahlen und Umsätze mit Bezug zu Zeiträumen und Märkten. Zusammen mit Preisinformationen auf Einkaufs- und Verkaufsseite werden diese Daten für Bewertungen, Analysen und Optimierungen eingesetzt.
Produkt-Images und 3D-Modelle
Eine besondere Form von Produkt-Daten sind Produkt-Images. Sie werden bestimmten Oberflächen der Artikelgeometrie zugeordnet; am wichtigsten ist die Frontseite mit dem dazugehörigen Frontimage. Die Images werden als eigenständige Bilddateien verwaltet, auf die die Produkt-Datensätze mit einem Schlüssel oder Link verweisen.
Optional können dreidimensionale Objektmodelle zum Einsatz kommen. Dadurch werden komplexe Produktformen optisch besser vermittelt, es entsteht aber ein erhöhter Aufwand zur Erfassung oder Erzeugung der 3D-Geometriedaten.
Bauteil-Daten
Bauteil-Daten beschreiben Stammdaten, Abmessungen und Geometrien von Regalbauteilen, Warenträgern und Displays.
Bauteile lassen sich grob in Warenträger und Nicht-Warenträger unterteilen. Während für beide Arten ihre Abmessungen und Geometrien angegeben sind, beschreiben Warenträger ihr Verhalten beim Positionieren und Anordnen von Produkten mit zusätzlichen Eigenschaften. Bauteile sind also nicht nur durch ihre Geometrie, sondern auch durch ihr Befüllungs- und Positionierverhalten bestimmt.
Planogramme
In Planogrammen werden die Daten der verwendeten Bauteile und Artikel mit konkreten Positionierungen und Befüllungen verbunden. Das Spacemanagement-Programm bietet dafür geeignete, komfortable Funktionen an; normalerweise wird hier der 2D- oder 3D-Grafik-Editor zum Einsatz kommen.
Alle Stamm- und Positionierungsdaten der Bauteile und Artikel in einem Planogramm sind in der Planogramm-Datei enthalten. Produkt-Images werden als eigenständige Ressourcen verwaltet, auf die die Datensätze in der Planogramm-Datei verweisen. Eine Planogramm-Datei kann autark weitergegeben werden, eine Darstellung mit Images erfordert aber am Zielort den Zugriff auf die referenzierten Image-Dateien (lokal oder online).
Man unterscheidet zwischen den Stammdatensätzen und den Loalisierungsobjekten von Produkten und Bauteilen. Stammdaten, Maße, Geometrien und Preise sind in den Stammdatensätzen enthalten, Koordinaten, Bezüge und konkrete Stückzahlen in den Lokalisierungen. Zu einem Stamm-Objekt können ein oder mehrere Lokalisierungen gehören.
Exportdaten
Exportierte Daten können je nach Zweck viele verschiedene Datenformate erfordern, z.B. PNG, JPEG, TIFF oder BMP für Grafiken, PDF oder HTML für Reports, XLS für Tabellen.
Planen und Positionieren
In einem Planogramm werden die Stammdaten aus Produkt- und Bauteil-Channels in konkrete Lokalisierungsobjekte überführt. Zunächst wird aus Bauteilen ein Regalgerüst aufgebaut. Dann werden Produkte ausgewählt und auf Warenträger-Bauteilen positioniert, aufgefüllt und arrangiert.
Artikel werden anhand ihrer Artikelnummer oder ihres EAN-Codes identifiziert und unter Beachtung des verfügbaren Merchandisingraums einzeln oder in Gruppen auf die Warenträger gesetzt.
Bauteile
Bauteile unterscheiden sich in rein konstruktive Elemente (Nicht-Warenträger) und Elemente für die Warenpositionierung (Warenträger). Warenträger benötigen zusätzliche Angaben, die die Setzung und Anordnung von Produkten an vorgesehenen Orten und in spezifischer Weise zulassen, insbesondere einen Allokationstyp und einen Merchandisingraum.
Produkte
Produkte definieren zulässige Allokationstypen und zusätzliche logistische Informationen, die bei der Positionierung berücksichtigt werden. Mögliche Allokationstypen sind
- hängend: auf Lochwandhaken oder anderen Haltern
- stehend, liegend, gestapelt: auf Fachböden, Paletten, in Truhen und Fächern
- lose, geschüttet: in Körben und Schütten
Positionieren und Anordnen
Produkte werden auf Warenträger gesetzt, dabei bekommen sie eine Position und Füllung zugewiesen und werden passend ausgerichtet. Dazu werden die geeigneten Produkte ausgewählt und dem Ziel-Warenträger zugewiesen. Der Warenträger wendet seine Allokationseigenschaften an und arrangiert die Produkte entsprechend.
Die Produkt-Auswahl erfolgt nach einem der Prinzipien
- manuell
- durch Suchfunktionen
- Barcode-gesteuert
- aufgrund eines Filters
- mit einer Regel
Die Auswahl wird einzeln oder in Gruppen in eine Produkt-Positionierung überführt. Reihenfolgen, Abstände und Ausrichtungen werden automatisch angewendet, unzulässige Zuordnungen werden zurückgewiesen.
Bearbeitung
Alle Positionierungen können nachträglich bearbeitet und verändert werden. Dafür stellt das Spacemanagement-Programm entsprechende Funktionen zur Verfügung. Veränderungen erfolgen in Einzelbearbeitung, gruppenweise, regelgesteuert oder vollautomatisiert.
Bewerten, Analysieren und Optimieren
Im Spacemanagement wird das Return on Investment (ROI) in der Form eines Return on Inventory Investment (ROII) betrachtet: Die auf begrenztem Regalraum verorteten Produkte werden mit der erwarteten und erzielten Rendite in Beziehung gesetzt.
Über den Point-of-Sale sollen Produkte verkauft und Umsatz und Ertrag generiert werden. Dabei sollen auch die Kundenerwartungen bestmöglich erfüllt werden. Die Produkte konkurrieren um den verfügbaren Regalplatz, wobei mehrere Optimierungsziele (Umsatzmaximierung, Ertragsmaximierung, Bestandsführung, Kapitalbindung, Warengruppenkompetenz, Logistik) gleichzeitig beachtet werden wollen.
Das Spacemanagement-Programm kontrolliert, welchen Wert eine POS-Planung repräsentiert, welche Umsätze und Erträge man erwarten kann und ob die geplanten Warenbestände den Abverkäufen angemessen sind. Es setzt dazu Leistungsdaten (Abverkaufszahlen, Umsätze, Bestandsbewegungen) und Kategoriebetrachtungen ein und ermittelt entsprechende Kennzahlen. Typische Bewertungskriterien sind Kontaktstrecken, Drehzahlen, Liefergrade, Flächen-Produktivität und Flächen-Rentabilität, die jeweils auf Einzelartikel, Kategorien oder das Gesamtregal angewendet werden können.
Entscheidend ist: diese Auswertungen werden – im Gegensatz zu anderen Analysetools in Warenwirtschaftssystemen etc. – nicht nur anhand von Datensätzen, sondern unter Einbeziehung des (verfügbaren und belegten) Raums durchgeführt. Daher sind die typischen Kennzahlen die Produktivität, Rentabilität und der Deckungsbeitrag der belegten Fläche.
Analysen
Analysen sind thematische Auswertungen eines Planogramms aufgrund von zugespielten Produkt-Leistungsdaten, betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und der aktuellen Belegung. Die Ergebnisse einer Analyse können als Farbausleuchtung auf der Planogramm-Grafik sichtbar gemacht werden. Analysedaten sind grafisch und alphanumerisch exportierbar.
Eine Analyse setzt die Verfügbarkeit der Leistungsdaten der positionierten Artikel, z. B. Umsatz- und Abverkaufszahlen, Erstbestückungs- und Sollmengen mit zeitlichem Bezug, voraus.
Da die Leistungsdaten der Artikel nicht in jedem Fall problemlos zur Verfügung stehen, ist die Analysephase optional, sie kann zunächst außer Betracht gelassen und erst zu einem späteren Zeitpunkt implementiert werden. Andererseits ist die Analysephase der Bereich, der besonders geeignet ist für Optimierungen bezüglich Umsätzen, Erträgen und Rentabilität und die Steuerung von Bestandsreichweiten hinsichtlich Vermeidung von Leerverkäufen einerseits und übermäßiger Kapitalbindung langsam-drehender Artikel andererseits.
Typische Analysen sind:
- Umsatz- und Gewinn-Prognose
- Kontaktstreckenanalyse nach Warengruppe und Hersteller
- Bestandsanalyse bzgl. Bestandsreichweite, Über- und Unterbestände
- Bestandsbewertung
- Kosten-Nutzen-Analyse
- Relevanzanalyse
- Marktflächenleistung
- Netto- und Brutto-Regalflächenbewertung
- Multi-Positions-Analyse und Listungsabgleich
- Deckungsbeitrag
Highlighting
Die Ergebnisse einer Analyse werden mit einer Farbausleuchtung auf das Planogramm projiziert. Performante und kritische Produktpositionierungen werden sofort sichtbar.
Jede Analyse definiert eine eigene Menge an Farbausleuchtungen, die jeweils einen Teilaspekt der Analyseergebnisse auf das Regal beziehen. Eine Legende stellt den Zusammenhang zwischen Farbzonen und Wertebereichen her.
Bereitstellen
Die in einem Planogramm erarbeiteten Planungsdaten dienen nicht nur der internen Verwendung, sondern werden in der Regel auch nach außen kommuniziert, z.B. an Einrichter, Außendienst, Großhandelspartner, Filialen, Franchisenehmer oder Kunden. Hierfür können zwar papiergebundene Kommunikationswege (Versand von Planogramm-Grafiken und Listen per Post) und einfache Online-Kommunikation (PDF-Versand per Email) zum Einsatz kommen – spätestens wenn aber auch ein Rückkanal erforderlich wird, sollte man an andere Kommunikations- und Präsentationswege denken.
Ein Rückkanal wird dann erforderlich, wenn der Außendienst oder die Filiale oder der Partner vor Ort Änderungen an Layouts durchführen und zurück in die Zentrale schicken möchte. Hier empfiehlt sich der Einsatz einer Web-basierten Online-Plattform, die Planogramme und Reports bereitstellt, über die aber auch ein Upload von geänderten Planogrammen möglich ist.
Hierbei ist besonders auf eine strukturierte und flexible Organisation der Planogramm-Ablage zu achten. Dies betrifft die Zuordnung von Planogrammen
- zu Herstellern und Warengruppen
- zu Regionen und Kundengruppen
- zu Sortimenten und Kategorien
- zu Zeitperioden
- zu Marktgrößen
Reports, Stücklisten und Layouts können über eine Web-Oberfläche bereitgestellt werden, die ständige Aktualität aller Daten wird auf diesem Wege sichergestellt. Das Planungs- und Reporting-Tool kommuniziert bidirektional mit dem Web-Repository, hält also sowohl Upload- als auch Download-Möglichkeiten bereit.
Automatisieren
Viele Bearbeitungsschritte und Vorgänge in einer Planogrammplanung wiederholen sich regelmäßig. Es bietet sich an, Abläufe zu Makros zusammenzufassen und zu automatisieren und spezielle Funktionsfolgen als Scripte zu programmieren.
Die Einsatzmöglichkeiten von Scripting sind vielfältig und umfangreich. Sie reichen von der Automatisierung wiederkehrender Arbeitsabläufe bis hin zum Programmieren eigener Planogramm- und Positionier-Algorithmen. Einige typische Szenarien:
- Automatisiertes Reporting
- Erzeugen einer Startkonfiguration
- Massenbearbeitung
- Planogramm-Anpassung anhand von Saldenlisten
- Analysieren, Highlighting und Export der Analysedaten
- Herstellen spezieller Produktanordnungen
Erweiterungen und Anpassungen
Auch wenn das Spacemanagement-Programm einen vollständigen Funktionsumfang für die Regal-Planung und Regal-Optimierung bietet, kann es in Sonderfällen spezielle Anforderungen geben, die mit Standardfunktionen nicht angemessen umgesetzt werden können. Über eine Erweiterungsschnittstelle kann das Programm die Einbindung von Spezialfunktionen mit individuellen Algorithmen und Schnittstellen ermöglichen.
Die Spacemanagement-Software ist damit auch auf Spezialfälle vorbereitet und adaptierbar.
Links
- Axel Winkelmann: Anwendungssysteme im Handel (Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik)
- FG Informatik: Warenwirtschaftssysteme in der Lebensmittelindustrie (TU Berlin)